Warum Elon Musks „Grok“ zum Albtraum für ihn und Trump wird

Musk und Trump

Ihr merkt schon: Das wird die Woche der „Fake News“. Diesem Thema möchte ich mich besonders widmen, denn wohl noch nie war der Grad an Desinformation so hoch wie jetzt.

Seit Jahren beobachte und schreibe ich über Künstliche Intelligenz. Über Fortschritte, Risiken, Hypes und echte Veränderungen. Doch was sich derzeit auf X (ehemals Twitter) rund um „Grok“, die KI von Elon Musk, abspielt, ist eine fast schon ironische Wendung der Geschichte – eine dieser Entwicklungen, bei der man als Beobachter nur den Kopf schütteln kann und denkt: Das habt ihr euch selbst eingebrockt.

Elon Musk hat mit Grok eine eigene KI auf den Markt gebracht, eingebettet in seine Plattform X. Die Idee: Ein System, das aktuelle Daten nutzt, um Fragen zu beantworten, Debatten zu begleiten, Meinungen zu liefern – und natürlich auch, um mit der Konkurrenz à la ChatGPT, Claude & Co. mitzuhalten.

Was Musk vielleicht nicht bedacht hat: Eine KI, die direkt mit der Live-Plattform X verbunden ist, kann auch gegen ihn arbeiten. Und genau das passiert gerade.

Grok wird markiert – und überprüft Aussagen von Musk und Trump

Ein einfaches Prinzip hat sich in den letzten Wochen auf X etabliert: Nutzer markieren Grok in Kommentaren, etwa so: „@grok – ist das wahr?“ oder „@grok fact check this“. Besonders gerne passiert das unter Beiträgen von Elon Musk selbst – oder von Donald Trump, der seit seiner Rückkehr auf X wieder regelmäßig mit vollmundigen, oft zweifelhaften Behauptungen auffällt.

Und was macht Grok? In vielen Fällen antwortet die KI mit einem Faktencheck. Kurz, klar, belegt. Und nicht selten lautet das Ergebnis: Diese Behauptung ist falsch.

Ein paar Beispiele:

  • Trump behauptet, er hätte bei der Wahl 2020 „haushoch gewonnen“. Grok: Diese Aussage ist falsch. Joe Biden gewann die Wahl mit 306 zu 232 Wahlmännerstimmen. Die Ergebnisse wurden von allen Bundesstaaten zertifiziert.
  • Musk postet, COVID-Masken hätten „nachweislich nichts gebracht“. Grok kontert mit: Mehrere Studien belegen, dass Masken die Virusverbreitung reduzieren, insbesondere in Innenräumen.
  • Trump schreibt, die Demokraten wollten „alle Waffen konfiszieren“. Grok: Keine große demokratische Partei hat die vollständige Konfiszierung von Waffen gefordert. Es gibt aber Initiativen zur Regulierung bestimmter Waffentypen.

Das sind keine Ausnahmen. Es passiert ständig. Und das sorgt für Aufsehen – und Ärger.

Musk hat sich selbst ein digitales Gewissen gebaut

Was hier passiert, ist mehr als ein bisschen Faktencheck. Musk hat eine KI entwickelt, die nicht darauf programmiert ist, ihn zu schonen. Und obwohl Grok natürlich nicht perfekt ist – sie basiert auf X Daten, hat ihre Tücken, Biases und Limitierungen – ist sie derzeit überraschend ehrlich, wenn es um die Bewertung politischer Aussagen geht.

Dafür gibt es zwei Gründe:

  • Technisch basiert Grok auf Large Language Models, die auf breiten Datensätzen trainiert wurden. Selbst wenn sie mit X-Daten gefüttert wird, zieht sie in vielen Fällen noch öffentlich verfügbare Fakten heran.
  • Strukturell ist Grok auf Interaktion ausgelegt. Wenn genug Leute eine Antwort fordern – und das passiert massenhaft – muss Grok reagieren. Die KI ist also eingebunden in eine Feedbackschleife, die nicht von Musk direkt kontrolliert wird, sondern von der Community getrieben ist.

Das Ergebnis: Musk hat sich eine Art digitales Gewissen gebaut – oder besser: bauen lassen. Und dieses Gewissen beginnt laut zu sprechen.

Der Shitstorm ist hausgemacht

Dass Musk dafür zunehmend Kritik aus dem eigenen Lager erntet, überrascht nicht. Hardcore-Fans von Trump und Musk fühlen sich von der eigenen Plattform „verraten“. Rechte Kommentatoren werfen Grok vor, „woke“ zu sein – was in ihrer Sprache heißt: faktenbasiert.

Musk selbst hat bereits erste Anzeichen gezeigt, dass ihm die Entwicklung nicht gefällt. Er postete kürzlich, dass „KI nicht objektiv sein kann“ und dass man „mehrere Perspektiven“ brauche. Klingt vernünftig – ist aber auch eine klassische Ausweichstrategie, wenn einem die Fakten nicht passen.

Die Frage ist: Was will Musk tun? Grok zensieren? Antworten einschränken? Dann steht er sofort als jemand da, der seine eigene KI manipuliert. Keine gute PR, vor allem für jemanden, der sich ständig als Kämpfer für die „freie Meinungsäußerung“ inszeniert.

Die Community nutzt Grok als Waffe – und das ist neu

Was mich als Beobachter am meisten fasziniert: Wie schnell und kreativ die Community Grok adaptiert hat. Innerhalb weniger Wochen ist aus einem KI-Feature ein massentaugliches Tool zum Faktencheck geworden. Menschen posten Screenshots von Grok-Antworten, teilen sie als Beweis, machen Memes daraus. Und: Sie fordern Verantwortung ein – mit genau dem Werkzeug, das Musk ihnen gegeben hat.

Die Ironie ist bitter. Musk wollte eine KI, die zeigt, wie überlegen seine Plattform ist. Herausgekommen ist eine KI, die zeigt, wie überprüfbar seine Erzählungen sind. Und wie oft sie nicht standhalten.

Was jetzt?

Das wird noch spannend. Es gibt drei mögliche Szenarien:

  • Grok bleibt ehrlich – und wird damit zu einem echten Werkzeug der Aufklärung. Dann wird Musk zunehmend unter Druck geraten, weil seine eigenen Aussagen ständig konterkariert werden.
  • Grok wird eingeschränkt – entweder subtil durch Algorithmusänderungen oder offen durch neue Regeln. Dann droht ein Glaubwürdigkeitsverlust, sowohl der Plattform als auch der KI.
  • Grok wird zur Witzfigur – durch absurde Einschränkungen, Propaganda-Posts oder Trolling. Dann hat Musk sein eigenes Projekt torpediert.

Wie auch immer: Die aktuelle Situation ist ein Paradebeispiel dafür, wie Technik nicht nur Werkzeuge schafft – sondern auch unbequeme Spiegel.

KI ist nicht loyal. Sie ist logisch.

Das sollte jeder bedenken, der glaubt, dass KI nur ein Instrument zur Machtsteigerung sein kann. KI, wenn sie gut gemacht ist, belohnt Kohärenz. Sie folgt Mustern, Beweisen, Wahrscheinlichkeiten. Nicht der Ideologie.

Elon Musk erlebt das gerade live. Und Donald Trump auch. Vielleicht wird das Grok-Projekt noch zum größten unfreiwilligen Transparenz-Tool auf X. Oder der nächste digitale Flop.

Aber eines ist sicher: Die Wahrheit hat eine neue Stimme. Und die heißt – ausgerechnet – Grok.

Grok zu Musk und Trump | DIGITALHANDWERK
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