Kaltakquise mit KI: Wie man es nicht macht (und warum ein bisschen Recherche Wunder wirkt)

Heute Vormittag. Mein Firmentelefon klingelt. Unbekannte Nummer. Ich bin neugierig genug, um ranzugehen. Am anderen Ende: ein junger Mann mit freundlicher Stimme und einem leichten Verkaufszittern.

Er kommt schnell zur Sache: Ob ich Unternehmer sei? „Ja.“ Ob ich Interesse an einer exklusiven Sammlung von KI-Prompts fürs Business habe? „Vielleicht.“ Ob ich wisse, wie wertvoll solche Prompts inzwischen seien? „Ich hab da eine grobe Idee.“

Was dann folgt, ist Kaltakquise mit KI-Charme. Also… sagen wir: der Versuch davon. Der gute Mann bietet mir eine „riesige Sammlung von KI-Prompts für alle Lebenslagen im Business“ an. 10.000 Stück, fein sortiert, direkt einsetzbar. Für jeden Social-Media-Post, jede Kunden-E-Mail, jede PowerPoint-Folie. Klingt erstmal praktisch, oder?

Kleine Denkpause: Wenn er sich vorher zehn Sekunden die Mühe gemacht hätte, meinen Namen zu googeln oder bei Perplexity nachzufragen, wüsste er, dass er gerade mit jemandem spricht, der selbst Prompts entwickelt, Prompt-Coachings gibt und Unternehmen beibringt, wie man mit KI sinnvoll arbeitet.

Aber gut. Ich hab Zeit. Also drehe ich den Spieß um.

„Was ist denn dein Lieblingsprompt für ein Angebotsanschreiben?“

Wir sind schnell mal auf Du-und-Du. Und ich frage ihn „Was ist denn dein Lieblingsprompt für ein Angebotsanschreiben?“. Fies, gell? Er stutzt. Blättert vermutlich digital durch seine Sammlung.

Ich höre Tastaturgeklapper.

Dann kommt eine Antwort, so generisch wie Toastbrot: „Schreiben Sie ein professionelles Angebot für einen potenziellen Kunden im Bereich XYZ.“

Ich frage weiter: „Wie geht ihr denn mit Zielgruppensprache um? Habt ihr dazu Prompts?“

„Zielgruppen… also ja, natürlich. Da gibt’s Prompts für verschiedene Branchen.“

„Zum Beispiel für Solo-Selbstständige im Kreativbereich mit Tech-Affinität?“

Stille.

Dann ein nervöses Lachen: „Ich glaube, das müsste man individuell anpassen.“

Ach wirklich?

Kaltakquise mit KI-Prompts: Was schiefläuft, wenn man nur Tools verkauft, aber kein Verständnis

Versteht mich nicht falsch: Ich liebe gute Prompts. Und ich finde, wer mit KI arbeitet, darf sich ruhig mal Hilfe holen. Aber was hier versucht wurde, war eine Mischung aus digitalem Staubsaugervertreter und Copy-Paste-Kreativität.

Der eigentliche Fehler lag aber nicht im Angebot. Sondern in der fehlenden Vorbereitung.

Denn ob du KI nutzt oder nicht: Wenn du Menschen kalt ansprichst, solltest du wissen, mit wem du sprichst. Ein kurzer Blick aufs LinkedIn-Profil. Ein Besuch auf der Website. Ein bisschen Kontext. Dann würde man vielleicht nicht ausgerechnet dem „Prompt-Rocker“ (copyright mein Custom GPT) eine Prompt-Sammlung verkaufen wollen.

Ich wiederhole mich: KI ist kein Zauberstab. Sondern ein Werkzeug.

Und Werkzeuge brauchen Köpfe, die wissen, was sie tun.

Prompts allein machen noch keine Ideen. Oder gute Gespräche. Oder Verträge. Sie sind ein Anfang. Aber ohne Gespür für Sprache, für Zielgruppe, für Tonalität bleiben sie leere Hüllsen.

Kaltakquise ist übrigens ähnlich.

Du kannst die besten Vorlagen haben. Die freundlichste Stimme. Die sauberste Liste. Wenn du nicht weißt, wer da am anderen Ende sitzt, wird’s schwierig. Und peinlich. Manchmal auch ein bisschen lustig. Das Kaltakquise unterliegt in Österreich im B2B-Bereich gewissen Regeln. An die hat er sich nicht gehalten – aber sei’s drum.

Zwischen KI und Kaltschnäuzigkeit liegt oft nur ein Klick Recherche.

Kaltakquise kann funktionieren, wenn man es richtig macht. Wirklich. Wenn man sie smart angeht. Wenn man Tools nutzt, um besser zuzuhören, nicht nur schneller zu reden. Und wenn man bereit ist, sich mit dem Menschen zu beschäftigen, den man da erreichen will.

Der Anrufer heute hat mir 10 Minuten geschenkt, in denen ich mich köstlich amüsiert habe. Und er hat mir Material für diesen Text geliefert.

Ob er was verkauft hat? Keine Ahnung. Bei mir nicht. Aber ein bisschen schlauer ist er nach dem Gespräch hoffentlich geworden.

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