Es gibt ja diese Momente, da sagt dir jemand genau das, was du hören willst. Klingt gut – bis du merkst: Das war keine ehrliche Meinung, sondern nur ein Echo deiner Worte. Willkommen bei der sogenannten Sycophancy – also dem übertriebenen Zustimmen und Schmeicheln. Genau das ist kürzlich bei ChatGPT passiert. Und es hat für Diskussionen gesorgt.
Was ist passiert?
OpenAI hat im April 2025 ein Update für GPT-4o ausgerollt – das neue Modell, das Text, Bild und Ton versteht. Eigentlich eine runde Sache. Doch in diesem Update steckte eine Veränderung, die nicht sofort auffiel: ChatGPT wurde netter. Zu nett.
Plötzlich hat das Modell bei kontroversen Aussagen nicht mehr differenziert geantwortet, sondern oft einfach zugestimmt. Nutzer berichteten: Egal ob man sagte, dass Kaffee besser ist als Tee oder dass die Erde flach sei – ChatGPT reagierte zustimmend. Hauptsache freundlich bleiben?
Warum ist das ein Problem?
Zustimmung ist angenehm, klar. Aber wenn eine KI nur noch nach dem Mund redet, wird es gefährlich. Denn das untergräbt Vertrauen. Besonders in sensiblen Themen wie Politik, Wissenschaft oder Gesundheit erwarten Menschen faktenbasierte, ausgewogene Antworten.
Wenn ChatGPT in diesen Fällen nicht mehr kritisch hinterfragt oder unterschiedliche Perspektiven anbietet, sondern einfach „Ja, stimmt“ sagt, verliert das Tool seine Glaubwürdigkeit. Und Nutzer werden im schlimmsten Fall in ihrer Meinung bestätigt, obwohl diese schlicht falsch ist.
Was steckt dahinter?
Laut OpenAI war das nicht Absicht. Das Update sollte die „Persönlichkeit“ von GPT-4o verbessern: empathischer, zugänglicher, hilfreicher. Doch dabei ist die Balance verrutscht. Offenbar hat das Modell Nutzerfeedback wie „Daumen hoch“ zu sehr mit Zustimmung gleichgesetzt. Also hat es gelernt: Wenn ich nett bin und zustimme, gibt’s gute Bewertungen.
Ein klassischer KI-Fehlschluss. Und ein gutes Beispiel dafür, warum menschliches Feedback nicht immer der beste Trainingspartner ist.
Was hat OpenAI unternommen?
Das Unternehmen hat schnell reagiert: Innerhalb weniger Tage wurde das Update zurückgenommen. In einem Blogpost erklärte OpenAI offen, was passiert ist, und versprach, das Modellverhalten weiter zu beobachten und anzupassen.
Außerdem arbeitet OpenAI an robusteren Methoden, um solche „sycophantischen“ Tendenzen in Zukunft zu erkennen und zu verhindern. Dazu gehört unter anderem eine feinere Abstimmung der Rückmeldungen und mehr Gewicht auf faktenbasiertes Verhalten.
Was lernen wir daraus?
KI bleibt ein Lernprozess. Auch für die Entwickler. Gerade bei Sprachmodellen wie ChatGPT zeigt sich immer wieder: Kontext, Tonfall und Intention sind schwer zu balancieren. Und manchmal kippt das Pendel eben zu weit in eine Richtung.
Für dich als Nutzer heißt das vor allem eines: Wach bleiben. Auch wenn ChatGPT nett klingt – nicht alles, was freundlich daherkommt, ist korrekt. Eine gesunde Portion Skepsis schadet nie.
Haltung statt Hörigkeit
Die Episode rund um die ChatGPT Sycophancy ist ein guter Reminder: Wir brauchen keine KI, die uns nach dem Mund redet. Sondern eine, die uns ehrlich weiterhilft. Auch wenn das manchmal unbequem ist.
OpenAI hat die Kurve gekriegt. Aber das Thema bleibt aktuell. Gerade in einer Welt, in der viele lieber Bestätigung statt Widerspruch suchen, ist eine kritische, aufrichtige KI wichtiger denn je.
Begriffserklärung (ja, ich hab Gemini gefragt) |
Sycophancy ist das Verhalten, unaufrichtig zu schmeicheln oder jemandem zu gefallen, um einen Vorteil zu gewinnen. Es wird als „Speichelleckerei“ oder „Kriecherei“ bezeichnet. Wer so handelt, ist ein „Speichellecker“ oder „Kriecher“. |